Warum wünschen wir uns Exklusivität in der Beziehung?

Eine monogame Beziehung führen zu wollen ist für viele Paare keine bewusste Entscheidung, sondern vielmehr eine Selbstverständlichkeit. Die meisten Menschen wünschen sich eine Partnerschaft, in der Exklusivität herrscht.

Das bedeutet: Der/Die eigene Partner*in ist treu – und damit emotional und sexuell nur für den/die jeweilige*n ausgewählte*n Partner/Partnerin da. 

Eine solche Beziehung gilt auch gesellschaftlich als ‘normal’ – andere Beziehungskonzepte gelten eher als exotisch oder seltsam. Menschen, die beispielsweise eine offene Beziehung führen, werden schnell als promiskuitiv abgestempelt. Menschen, die polyamor leben, gelten als unmoralisch, usw.usf.

Doch stimmt das wirklich? Ist Monogamie wirklich das einzig wahre partnerschaftliche Konzept?

Warum wünschen sich die meisten Menschen eine monogame Beziehung?

Woher kommt eigentlich der Wunsch in vielen von uns, eine monogame Partnerschaft zu führen – und damit das ‚Exklusivrecht‘ auf unsere*n Partner*in zu besitzen? Und hat dieser Wunsch tatsächlich so viel mit romantischer Liebe zu tun, wie wir glauben?

Diesen Fragen widmen wir uns in diesem Blogartikel und in der dazugehörigen Podcastfolge. Ich wünsche dir viel Spaß beim Lesen und Hören!

“Er/Sie ist meine große Liebe!”

Wenn wir monogam lebende Paare (die noch nie in einer großen Krise gesteckt sind) fragen, warum sie mit ihrem Partner/ihrer Partnerin zusammen sind – und warum sie sich eine exklusive Partnerschaft wünschen – dann hören wir als Antwort darauf in den meisten Fällen: 

  • Weil ich ihn*sie liebe!
  • Ich kann mir nicht vorstellen, jemand anderen toll zu finden
  • Ich möchte nur mit ihm*ihr schlafen
  • Ich will mit ihm*ihr mein Leben teilen
  • Er*sie sieht mich und versteht mich
  • Ich kann mir nicht vorstellen, dass er*sie auch noch jemand anderen mag/liebt/küsst/verführt…
  • usw.

Hat der Wunsch nach Exklusivität wirklich mit Liebe zu tun?

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Für meine Arbeit als Affärencoach kriege ich von vielen solcher Menschen deshalb immer wieder eine große Portion (Insta-)Hate ab. Unter meinen Beiträgen stehen Kommentare wie:

  • “Wer sich liebt, betrügt sich nicht”
  • “Menschen, die Affären haben, sind Schweine (und die, die diese Menschen verstehen wollen, sind noch größere Schweine)”
  • “Menschen, die mehr als eine Person lieben oder die ihre Beziehungskonzepte überdenken, sind nicht normal oder gar eine Gefahr”
  • “Wer sich nach anderen Menschen oder neuen Abenteuern sehnt, der hat nicht den/die richtige*n Partner*in/ der liebt einfach nicht richtig”
  • usw.

Das Ding ist bloß: Der Wunsch nach einer exklusiven Partnerschaft hat mit Liebe tatsächlich ziemlich wenig zu tun. Denn Liebe an sich ist ein Gefühl, das eben nicht an Bedingungen geknüpft ist. Liebe ist einfach da.

Liebe möchte grundsätzlich nicht treu sein, monogam sein oder sich an irgendwelche Regeln halten. Liebe muss auch nicht künstlich eingesperrt oder in ein Konzept gequetscht werden.

Beziehungskonzepte – und zwar vor allem exklusive – haben wir uns aus ganz anderen Gründen überlegt, die relativ wenig mit Liebe (und dafür viel mehr mit Ängsten und Unsicherheiten) zu tun haben…

Aus welchen Gründen wünschen wir uns also monogame, exklusive Beziehungen…?

Sicherheit und Stabilität: Die Gründe hinter monogamen Partnerschaften

Da wäre zunächst einmal unser Bedürfnis nach Sicherheit. Wer eine exklusive, monogame Partnerschaft führt, der betrachtet seine Partnerschaft häufig als fixe Säule in seinem Leben.

Der/Die Partner*in ist jemand, auf den/die man sich verlassen kann, der immer da ist, die nicht wegläuft, usw. Selbst, wenn die Partnerschaft nicht mal mehr wirklich Spaß macht oder die romantische Liebe nicht mehr vorhanden ist, bleiben viele Menschen aus diesem Sicherheitsbedürfnis heraus in ihren Partnerschaften.

Denn die Person zu verlassen würde sich extrem unsicher und instabil anfühlen. Gerade, wenn auch finanzielle Sicherheit an den Partner/die Partnerin geknüpft ist.

Monogamie und Verlustangst: Wie Ängste unsere Beziehungsmodelle beeinflussen

Direkt daran lässt sich das Thema Verlustangst anknüpfen.

Viele Menschen, die auf eine monogame, exklusive Partnerschaft bestehen, tun dies nicht (nur), weil der/die andere die ‘große Liebe’ ist, sondern vor allem, weil sie tief sitzende Verlustängste haben, die häufig schon aus der frühesten Kindheit stammen.

Hier kommt dann oft auch das Thema Eifersucht ins Spiel – und eine exklusive Partnerschaft alleine ist plötzlich auch nicht mehr genug.

Dann darf der/die Partner*in nicht mehr alleine ausgehen, mit keiner anderen Frau/keinem anderen Mann mehr sprechen, usw.usf.

Das Ding ist nur: Egal, wie ‘exklusiv’ unsere Partnerschaft ist und wieviele Regeln wir aufstellen – wenn wir nicht lernen, mit unseren eigenen Emotionen umzugehen, wird uns auch die monogamste Partnerschaft nicht retten.

Exklusive Beziehungen: Zwischen Selbstwert und Selbstbestätigung

Ein weiterer Grund für den Wunsch nach Exklusivität in Beziehungen ist, dass viele Menschen ihren Selbstwert an ihre Partner*innen knüpfen.

Nach dem Motto: “Wenn er/sie mich liebt, bin ich wertvoll/wichtig/attraktiv/gesehen/geliebt…” Und im Umkehrschluss: “Wenn er/sie mich betrügt oder auch andere Frauen/Männer attraktiv findet, heißt das, ich bin nicht gut genug.” Auch das hat wenig mit Liebe zu einer anderen Person zu tun, sondern ist in Wahrheit relativ egozentrisch: “Mein*e Partner*in soll mir bitte regelmäßig und uneingeschränkt bestätigen, dass ich wichtig und toll bin.”

Klingt das nach echter Liebe?

Wenn du alleine lernen möchtest, mit deinen Herausforderungen in deiner Partnerschaft umzugehen, sind meine Kurse genau richtig:

Der Mythos der romantischen Liebe: Warum Monogamie nicht immer die Antwort ist

Dazu passt auch der nächste Punkt: In unserem Wunsch nach einer exklusiven Partnerschaft schwingt häufig unsere Sehnsucht mit, gewisse Bedürfnisse an eine andere Person auszulagern, wenn wir nicht gelernt haben, uns diese selbst zu erfüllen.

Beispielsweise eben das Bedürfnis nach Sicherheit oder das Bedürfnis nach Selbstbestätigung, usw.

Dadurch entstehen dann häufig symbiotische Partnerschaften, wo beide Partner*innen sich gegenseitig ganz bestimmte Bedürfnisse erfüllen – also ganz bestimmte Löcher stopfen – und auf diesem ‘Fundament’ gründet dann die Beziehung.

Hier sollen die Partner*innen sich dann gegenseitig um die Gefühle des/der jeweils anderen kümmern. Die Verantwortung für die eigenen Bedürfnisse wird abgegeben und es entstehen leichte oder massivere Abhängigkeitsverhältnisse.

Wie du siehst: Auch das hat wenig mit Liebe zu tun…

Trauma-Bonds und die ‚Wir gegen den Rest der Welt‘-Fantasie

Ganz viele Partnerschaften zwischen Menschen, die sich selbst nicht genug sind, entstehen auch aus einer Art Romantisierung heraus:

Wenn zwei Personen sich verlieben, die beide Selbstwertproblematiken haben, dann haben sie das Gefühl, durch die Liebe des/der jeweils anderen endlich ‘jemand Besonderes’ zu sein.

Daraus entstehen dann romantische Gedanken wie:

  • “Du und ich gegen den Rest der Welt”
  • “Gemeinsam können wir alles schaffen”
  • “Unsere Liebe ist etwas ganz Besonderes”
  • “Wir sind seelenverwandt”
  • usw.

Natürlich müssen solche Partnerschaften dann exklusiv sein. Denn wenn der eigene Seelenverwandte plötzlich die fremde Frau in der U-Bahn sexy findet, dann habe ich ein Problem…

Solche Partnerschaften gründen ebenfalls nicht auf dem Gefühl von freier Liebe, sondern sind meistens ‘Trauma-Bonds‘, wo es darum geht, die eigenen tiefen Verletzungen nicht fühlen zu müssen.

Ist die ‚heile Familie‘ ein Grund für Monogamie?

Ein weiterer Grund für exklusive Partnerschaften ist die Vorstellung von bzw. der Wunsch nach einer heilen Familie um jeden Preis.

Vater-Mutter-Kind-Haus-Hamster-Urlaub-Pool gelten als Idealvorstellung von einem gelungenen Leben. Da braucht es natürlich auch eine monogame Partnerschaft als Fundament, das keinesfalls untergraben werden darf von anderen Bedürfnissen oder Wünschen.

Für viele Paare ist der Wert ‘heile Familie’ so zentral, dass sie auch eine langweilige, sexlose, lieblose, tote partnerschaftliche Beziehung in Kauf nehmen, nur um dieser Wunschvorstellung zu entsprechen.

Affären erschüttern dann diesen Familiengedanken zutiefst und gelten als unverzeihlich – obwohl die eigene Partnerschaft vielleicht schon seit vielen Jahren tot ist.

Gesellschaftliche Normen und Erwartungen: Warum wir uns an die ‚Regeln‘ halten

Und dann gibt es noch den Punkt “Richtig ist, was alle tun”. Wenn alle meine Nachbarn, meine Großeltern, meine Freund*innen und 98% der Gesellschaft eine monogame Partnerschaft führen, (wenn dieses Beziehungsmodell sogar in der Bibel propagiert wird), dann muss diese Beziehungsform die einzig wahre sein, oder?

Wie stünde ich/Wie stünden wir denn da, wenn wir offiziell unsere Beziehung öffnen? Oder eine Kommune gründen? Es würden mich/uns doch alle für verrückt halten!

Ganz viele Personen trauen sich gar nicht, ihr Bild von Beziehung oder Partnerschaft zu hinterfragen, weil sie von dem gesellschaftlich anerkannten ‘Normal’ so geprägt sind, dass sie gar nicht erst auf die Idee kommen. 

Fremdverliebtheit oder Affäre: Auslöser für das Hinterfragen von Exklusivität

Ein Hinterfragen des eigenen Wunsches nach Exklusivität in der Partnerschaft findet häufig erst dann statt, wenn das eigene Beziehungsfundament einmal erschüttert wurde – zum Beispiel durch das Auffliegen einer Affäre oder durch die eigene Fremdverliebtheit.

Dann beginnen viele Paare aus der Not heraus, sich selbst und ihre eigenen Emotionen und Motivationen intensiver zu beleuchten. Und genau darin liegt oft eine große Chance, die eigene Partnerschaft auf ein neues, solideres Fundament zu stellen.

Wenn du/ihr euch dabei Unterstützung wünscht, dann bucht euch gerne eine persönliches Coaching oder kommt ins Liebe Leben Premium Membership, wo wir gemeinsam – vorurteilsfrei und wertschätzend – unterschiedliche Formen von Partnerschaft und Beziehung beleuchten, damit ihr beide rausfinden könnt, was sich für euch am stimmigsten anfühlt.

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