Grenzen setzen

In der Beziehung Grenzen setzen – so geht’s!

Dem Thema Grenzen setzen eilt leider immer noch ein ziemlich mieser Ruf voraus: Wer öfter Nein sagt, wird schnell als unempathisch oder egoistisch abgestempelt. Doch in Wahrheit ist das Grenzensetzen ein Akt der Liebe – und zwar sowohl dir selbst, als auch anderen gegenüber. Wie du klar, gesund und liebevoll Grenzen setzt, erfährst du in diesem Blogartikel.

Eine Grenze, was ist das überhaupt?

Um wahrnehmen zu können, wann unsere Grenzen überschritten werden, müssen wir zunächst einmal klarhaben, was Grenzen überhaupt sind. Am einfachsten zu erkennen sind räumliche bzw. physische Grenzen: Niemand kommt beispielsweise auf die Idee, die Gartentüre des Nachbarn zu öffnen, eine Runde durch dessen Rosenbeet zu trampeln und sich im Anschluss auf seine Terrasse zu setzen.

Die Gartentüre und der Zaun um das Beet markieren eine Grundstücksgrenze, die wir ohne Einwilligung des Besitzers nicht übertreten. Auch körperliche Grenzen können wir in den meisten Fällen noch ziemlich easy wahrnehmen: Wenn jemand uns anfasst, checken wir schnell, ob uns das gerade passt oder nicht und ziehen die entsprechenden Konsequenzen. 

Die meisten Probleme mit dem Grenzensetzen haben wir im emotionalen Bereich – wenn sich Fragen stellen wie: Was bin ich bereit, für andere Menschen zu tun? Wo bin ich bereit, meine Zeit einzusetzen und wo nicht?

Welches Verhalten anderer ist okay für mich und wo brennt echt der Hut? Emotionale Grenzen sind nicht sichtbar, und deshalb ungleich schwerer zu erkennen und zu kommunizieren. Doch wer es schafft, führt meist wesentlich angenehmere, gesündere und harmonischere Beziehungen.

Grenzen setzen ist wichtig!

Der häufigste Irrglaube, der mir in meinen Coachings immer wieder begegnet, ist die Überzeugung, das eigene Grenzensetzen würde dazu dienen, das Verhalten der anderen Person zu ändern. Da muss ich dich enttäuschen: Das ist kompletter Bullshit, den du auf der Stelle vergessen darfst, wenn du dich mit dem Thema Grenzen setzen weiter befassen möchtest.

Du setzt eine Grenze niemals (never ever!), um das Verhalten einer anderen Person zu kontrollieren, zu verändern oder zu manipulieren. Die Person, gegenüber der du deine Grenze setzt, kann sich immer noch verhalten, wie sie möchte. Das ist ihr gutes Recht. Das Einzige, was deine Grenze bewirkt, ist eine Änderung deines Verhaltens und deiner inneren Welt.

Klare Grenzen helfen, Beziehungen zu verbessern

Beispiel: Deine beste Freundin kommt wiederholt zu euren Treffen zu spät. Du wartest regelmäßig fast eine halbe Stunde, bis sie endlich mal eintrudelt, und kochst dann vor Wut, weil du das Gefühl hast, sie respektiere deine Zeit nicht. Wenn du ihr nun sagst, dass du nicht mehr bereit bist, länger als eine Viertelstunde auf sie zu warten, dann tust du das für dich. Sie hat immer noch das Recht, eine halbe Stunde zu spät zu kommen. 

Eine Grenze führt dich also immer in die Eigenverantwortung und in deinen eigenen Handlungsspielraum. Das bedeutet, um gute Grenzen für dich setzen zu können, musst du dir erst darüber klar sein, was du möchtest, was deine Werte sind, was sich für dich selbst gut und richtig anfühlt, und darfst dann diese Maßstäbe liebevoll auf dein Leben und in deine Beziehungen übertragen.

People-Pleaser oder Kontrolletti

„Bei mir passt eh alles, ich hab‘ null Problem mit Grenzen“, höre ich überraschend oft von Klient*innen, die dann, wenn ich ein bisschen tiefer bohre, doch so einige blinde Flecken auf dem Gebiet haben.

Probleme mit den eigenen Grenzen äußern sich nämlich bei jedem Menschen auf unterschiedliche Art und Weise. Nur, weil jemand oft Nein brüllt, bedeutet das nicht, dass er oder sie das Thema mit den Grenzen kapiert hat. Obwohl wir natürlich niemanden schubladisieren wollen, gibt es doch vier Grundtypen, die wir in den meisten Fällen unterscheiden können:

1. Der People Pleaser

People-Pleaser sind jene Personen, die wir ganz klischeehaft sofort im Kopf haben, wenn es um Menschen mit Grenz-Problemen geht: Sie können nicht Nein sagen, verausgaben sich für andere, tun Dinge, die sie oft überhaupt nicht tun wollen und nehmen Verhalten in Kauf, das ihnen nicht guttut. Ihr Leben dreht sich ausschließlich um das Wohlbefinden anderer.

2. Die Kontrollettis

Kontrollettis behaupten von sich, sie hätten überhaupt kein Problem damit, Nein zu sagen und für sich einzustehen. „Ich lasse mir von niemandem über meine Grenzen latschen“, sagen sie. Stattdessen jedoch manipulieren und kontrollieren sie ihre Mitmenschen, um das zu kriegen, was sie wollen. Kontrollettis pochen zwar unüberhörbar auf ihre eigenen Grenzen, respektieren jedoch die der anderen nicht.

3. Die Vermeider*innen

Die Vermeider*innen stellen – anstatt Grenzen zu ziehen – Mauern auf. Sie errichten kein Haus, in dem liebe Menschen aus- und eingehen können, wenn die Tür geöffnet ist (gesunde Grenze!), sondern bauen von vorneherein ein fenster- und türloses Gebäude. Die Vermeider*innen wurden in ihrem Leben schon so oft verletzt, dass sie beschlossen haben, einfach überhaupt niemanden mehr an sich heranzulassen. 

4. Die Unempathen

Unempathen sind unbewusst so von sich selbst eingenommen, dass sie gar nicht mitkriegen, dass auch andere Menschen Gefühle und Bedürfnisse haben. Sie weisen ihre eigene Verantwortung in Beziehungen zurück und erwarten nur, dass die andere Person sich ändert. Sie haben ein Problem damit, auf Augenhöhe zu kommunizieren, denn bei ihnen ist im Grunde immer der/die andere schuld.

So – und jetzt kommt der Clou an der Sache: Wer trifft in Beziehungen oft aufeinander? Zwei Typen, die sich perfekt ergänzen natürlich. Ein People-Pleaser mit einer Kontrolletti zum Beispiel. Sie pocht darauf, am Wochenende ihre Freizeit komplett so zu gestalten, wie sie es will (das ist schließlich ihre Freiheit, da lässt sie sich nicht einschränken!), und er traut sich nicht zu sagen, dass er auch gerne was mit ihr unternehmen möchte und es ihm wichtig wäre, dass sie pünktlich zum gemeinsamen Date am Sonntag erscheint (würde er das sagen, könnte sie ja wütend werden und ihn verlassen…).

Solche Beziehungsdynamiken bergen für beide Partner eine ganze Flut an Lernaufgaben!

Grenzen setzen: Unser ‚Normal‘ kommt aus der Kindheit

Wie wir mit dem Thema Grenzen setzen in unserem Leben umgehen, wurde bereits in unserer Kindheit grundgelegt. Denn unsere Ursprungsfamilien bringen uns bei, ob es ok ist, eigene Grenzen wahrzunehmen und zu kommunizieren, oder eben nicht. Meistens war es das leider nicht.

Die Tochter, die sich immer dafür verantwortlich fühlt, wie es der Mama geht; der Sohn, der seine Zimmertüre nie absperren durfte; das Mädchen, das gelernt hat, laut Nein zu brüllen, um sich durchzusetzen; der Junge, der irgendwann seine Geschwister ausgetrickst hat, um zu kriegen, was er will. All diese Muster und Verhaltensweisen erlernen wir in unserer Kindheit – und sie bestimmen unser Verhalten oft für Jahrzehnte. Solange, bis wir von späteren Partner*innen, Kolleg*innen und Freund*innen wieder auf genau diese Art und Weise wahrgenommen werden. 

Das heißt: Um deine Beziehungen und dein Verhalten langfristig zu ändern, braucht es zunächst einmal eine große Portion Achtsamkeit. Du musst wissen, in welchen Situationen du wie reagierst, woher deine Muster kommen und ob sie dir wirklich noch entsprechen. Nur dann kannst du sie konsequent ‚verlernen‘.

Dafür brauchst du Zeit und Geduld. Denn was du über Jahrzehnte gelebt und verkörpert hast, kannst du nicht in zwei Tagen einfach ablegen. Du darfst konsequent und immer wieder – zehn Mal, zwanzig Mal, hundertzwanzig Mal – deine neuen Grenzen etablieren und kommunizieren. Nur so merken auch die Menschen um dich herum, dass du jetzt den Ton angibst.

Liebevoll Grenzen setzen ist ein Akt der Liebe

Fast bei allen von uns gibt es bereits Bereiche im Leben, wo das Grenzensetzen ganz hervorragend funktioniert. Manche Menschen können zum Beispiel im Beruf ganz klar sagen, was sie möchten und was nicht. Sie können Überstunden zurückweisen, mehr Gehalt aushandeln oder Kolleg*innen in die Schranken weisen.

Sobald sie jedoch nach Hause zu ihrer Familie kommen, sind immer sie es, an denen der ganze Haushalt hängen bleibt und die um Mitternacht noch die Pausenbrote für die Kinder schmieren. Oder aber umgekehrt: Menschen, die in der eigenen Partnerschaft sehr klar Nein sagen können, tun sich in der Arbeit furchtbar schwer, auch mal den Stift fallen zu lassen und früher Schluss zu machen. 

Auch diese Muster sind von unserer Ursprungsfamilie geprägt: Manchen von uns wurde beigebracht, es sei wichtig, sich für die eigene Familie aufzuopfern; andere sind mit dem Glauben großgeworden, die Arbeit sei das Wichtigste im Leben. 

Egal, auf welcher Seite der Skala du dich befindest: Du kannst all das heute ändern. Das funktioniert am besten, indem du dir ansiehst, wo es dir bereits leichtfällt, deine Grenzen zu kommunizieren. Frage dich: Warum fühlt es sich in diesem Bereich so natürlich an, zu mir zu stehen? Und dann schaue, wie du das auch in andere Bereiche deines Lebens mitnehmen kannst.

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es uns umso schwerer fällt, Grenzen zu setzen, je mehr Angst wir vor den gelebten Konsequenzen haben. Hinterfrage also diese Angst und mach dir klar, warum welche Konsequenzen sich für dich so schlimm anfühlen würden – und ob das wirklich die Wahrheit ist. 

Und dann: Setze deine Grenzen als Akt der Liebe.

Drohungen sind keine gesunden Grenzen!

„Ich warne dich: Wenn du mich jemals betrügst, dann verlasse ich dich und du kriegst die Kinder nie mehr zu Gesicht!“, „Hey! Wenn du jetzt wieder durchs Bad latschst, nachdem ich aufgewaschen habe, dann kannst du dir das Kuscheln vor dem Fernseher nachher abschminken!“, „Achtung: Wenn du noch einmal XY, dann aber echt ZZZZZZZZZ!“

Hört sich das nach einem Akt der Liebe an? Eher nicht.

Die Art, wie viele Menschen gelernt haben, Grenzen zu kommunizieren, erinnert oft an eine kindliche Trotzreaktion oder eine wütende Drohung – es kommt aber leider äußerst selten von einem liebevollen Standpunkt.

Was meine ich damit? Die wenigsten Menschen haben verstanden, dass Grenzen setzen tatsächlich etwas ist, was respektvoll und ruhig passieren kann. Ohne hinterrücks manipulative Gedanken, ohne ein Bedürfnis danach, den anderen kontrollieren zu wollen, ohne eine Geringschätzung des Gegenübers. Grenzen spiegeln deine eigenen gelebten Werte wider. Sie zeigen dir selbst und deiner Umgebung: Das bin ich. Das ist mir wichtig. So möchte ich leben. Das bin ich bereit zu tun. Das wünsche ich mir. Damit komme ich nicht klar.

Das bedeutet nicht, dass ein anderer Mensch nicht andere Werte, Ansichten und eben Grenzen haben darf. Indem du dir deine eigenen Grenzen zugestehst und dich selbst respektierst, respektierst du auch andere Menschen. Das ist erwachsenes Verhalten. 

Wenn du alleine lernen möchtest, mit deinen Herausforderungen in deiner Partnerschaft umzugehen, sind meine Kurse genau richtig:

Klare Grenzen setzen – so geht’s

Reflektiere dich selbst in unterschiedlichen Lebensbereichen und frage dich:

  • Was sind meine Werte? Was ist mir wirklich wichtig?
  • Welche (nicht verhandelbaren) Grenzen ergeben sich für mich daraus?
  • Welche Konsequenzen ziehe ich, wenn diese Grenzen überschritten werden?
  • Welche Angst steht eventuell hinter Konsequenzen, die zu ziehen mir immer noch schwerfällt?

Nimm dir dafür bewusst Zeit und handle dann deinen Antworten entsprechend. 

Du wirst sehen: Mit der Zeit werden deine Beziehungen an dieser neuen Klarheit wachsen. Denn im Endeffekt ist es viel angenehmer, authentischer und auch wesentlich spaßiger, wenn alle Menschen in einer Beziehung (Partnerschaft, Freundesgruppe, Familienverband) nur noch das geben, was sie gerne geben, wenn sie Dinge freiwillig tun und nicht aus Zwang und wenn sie keine Angst mehr haben, in gewissen Situationen einfach Nein zu sagen.

Denn: Leben darf leicht gehen und Spaß machen. Liebe auch!

Herzlichst, Melanie

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