Ich kann mich nicht selbst lieben!

Das Thema Selbstliebe ist gerade in Persönlichkeitsentwicklungs-Kreisen ein totaler Hype. Selbstliebe wird als Lösung für alle Probleme propagiert:

Wer sich nur genügend selbst liebt, der hat dann

  • die perfekte Partnerschaft
  • den perfekten Job
  • die perfekten Kinder
  • macht die perfekten Urlaube
  • hat das perfekte Haus und überhaupt
  • und sowieso das perfekte Leben.

Und der Umkehrschluss:

Wenn in deinem Leben was nicht läuft, dann liegt es ganz offensichtlich daran, dass du dich einfach in diesem Bereich noch nicht genügend selbst liebst.

PUH!

Das ist nicht nur anstrengend, sondern manchmal auch ein ziemlich gefährlicher Rückschluss. Denn mit diesen Aussagen wird propagiert, dass das Leben – solange man sich nur genügend liebt – immer toll ist.

Und sobald eben etwas nicht läuft, es an einem selbst liegt und an der eigenen Unfähigkeit, sich genügend zu lieben/zu heilen, etc.

Doch das ist schlichtweg falsch! In jedem Leben gibt es 50% Gutes und 50% Schlechtes.

Es gibt Krisen, es gibt Jobverlust, es gibt Affären, es gibt Todesfälle, es gibt Scheitern, es gibt Misserfolg. Das alles gehört zum Leben dazu und hat eben nicht immer etwas damit zu tun, wie sehr oder wie wenig man imstande ist, sich selbst zu lieben.

Damit meine ich nicht, dass Selbstliebe total unnötig ist. Und ich meine auch nicht, dass Selbstverantwortung unnötig ist. Beides ist essentiell wichtig, um ein gesundes, selbstständiges und erfüllendes Leben zu führen.

ABER: Selbstliebe ist eben auch nicht das Heilmittel für alles.

Warum das so ist, sehen wir uns in diesem Blogartikl und in der dazugehörigen Podcastfolge an.

1. Warum du nicht alles an dir lieben musst

In meinen Coachings höre ich immer wieder Aussagen wie:

  • “Ich kann mich nicht selbst lieben”
  • “Ich kann diese Seite an mir nicht annehmen”
  • “Ich mag diese Eigenschaft an mir einfach nicht”
  • etc.

Wie wäre es, wenn du darauf ab jetzt einfach sagen würdest: “Okay!”

Okay im Sinne von: “Diese Eigenschaft/Dieses Muster/Diese Gewohnheit an mir geht mir selbst wahnsinnig auf die Nerven. Ich hätte es gerne anders, ich arbeite an mir, ich versuche, es anzunehmen, aber es gelingt mir nicht. Und das ist okay!

Das bedeutet nicht, dass du dich deshalb nie wieder mit dir selbst auseinandersetzen oder nie wieder Hilfe in Anspruch nehmen sollst, um mit gewissen Dingen besser klar zu kommen.

Aber: Du darfst dir den Druck nehmen, alles an dir selbst ständig lieben zu müssen.

Überlege mal: Gibt es IRGENDEINE Person auf der Welt, die keine Macken, keine Special Effects, keine nervigen Züge hat? Nein! Kennst du einen perfekten Menschen? Vermutlich nicht.

Niemand ist perfekt und das ist auch nicht notwendig. Alles an sich selbst zu lieben, ist nicht das Ziel unseres Lebens. Sondern das Ziel darf sein, dass wir eine schöne, erfüllende Zeit haben, was Sinnvolles damit anfangen und mit guten und schlechten Erfahrungen möglichst gut umgehen lernen.

2. Warum Selbstliebe nicht bedeutet, immer glücklich zu sein

Selbstliebe bedeutet auch nicht, dass du alle ‘nicht perfekten’ Aspekte an dir einfach so lange heilen musst, bis sie gar nicht mehr da sind bzw. dich nicht mehr beeinflussen.

Nach dem Motto: “Wenn ich z.B. die ‘Urwunde’ meiner Eifersucht heile, dann bin ich nie wieder eifersüchtig, weil dann bin ich immer in Liebe!”

Blödsinn!

Solche Konzepte und Versprechungen gibt es in bestimmten Coaching- oder Persönlichkeitsentwicklungskreisen sehr oft. Aber das Einzige, was sie bewirken, ist, dass wenn wir uns nach unserer ‘Heilung’ oder nach der Auseinandersetzung mit dem Thema immer noch eifersüchtig fühlen, wir denken:

“Na super, ich hab’s wieder mal nicht geschafft! Ich kann mich einfach nicht genügend selbst lieben!”

Dabei ist es schlichtweg unrealistisch, bestimmte Gefühle, Reaktionen, Gedankenmuster oder Selbstzweifel komplett auszuräumen und demnach nie wieder zu fühlen oder zu denken. Das funktioniert nicht!

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Das Einzige, was wir tun können, ist, diese ungeliebten Muster/Gefühle/Gedanken/Eigenschaften nach und nach besser zu verstehen und zu lernen, besser mit ihnen umzugehen. Die eigene Scham drumherum abzulegen und sie damit leichter händeln zu können, wenn sie auftreten.

Dazu müssen wir diese Gefühle/Muster/Gedanken/Eigenschaften nicht unbedingt lieben, sondern allem voran mal verstehen, warum sie entstanden sind und dann einen Umgang damit finden, OBWOHL sie uns nerven.

Das bedeutet:

Du musst nicht alles an dir lieben! Und dich zu lieben und anzunehmen, wie du bist, heißt nicht, dass du nie wieder schlechte Gefühle hast, nie wieder einen Misserfolg haben wirst und dass nie wieder was Schlimmes in deinem Leben passieren wird.

3. Warum du geliebt werden kannst, auch wenn du dich nicht selbst liebst und umgekehrt

Gerade auch im Partnerschafts- oder Beziehungskontext herrscht ganz häufig dieses Narrativ:

  • “Wenn du dich nicht selbst liebst, dann wirst du auch eine Beziehung ‘anziehen’ , wo du nicht geliebt wirst”
  • “Du kannst andere nur lieben, wenn du dich auch selbst liebst”
  • usw.

JEIN.

Es ist zwar richtig, dass wenn wir ein sehr niedriges Selbstwertgefühl haben, wir oft auch Probleme damit haben, in Beziehungen unsere Bedürfnisse, Grenzen, Ziele, Wünsche, etc. zu kommunizieren. Dass wir uns vielleicht schneller übergehen oder auszunutzen lassen, usw.

ABER: Das Narrativ, dass du alles an dir selbst lieben musst, um eine glückliche Partnerschaft führen zu können, ist schlichtweg falsch.

Jede Person, die schon einmal geliebt hat oder verliebt war, weiß, dass es möglich ist, eine andere Person zu lieben, auch wenn diese bestimmte Makel hat, nicht immer das Richtige sagt oder tut oder manchmal nervt.

Das ist nämlich menschlich.

Jeder Mensch hat seine eigenen Themen, die eben nicht so rund laufen, wo er/sie sich selbst nervt und sich wünscht, besser/anders/toller/weiser/… zu sein, und es einfach nicht immer hinkriegt.

Deshalb ist es trotzdem möglich, eine erfüllende Beziehung auf Augenhöhe zu führen. Und es ist möglich, zu lieben und geliebt zu werden.

In einer Partnerschaft ist es nicht wichtig, perfekt zu sein und alles an sich selbst total ‘aufgeräumt’ zu haben. Viel wichtiger ist es, ein Bewusstsein über die eigenen ungeliebten Baustellen zu haben (bzw. zu erlangen) und die Selbstverantwortung zu übernehmen, dort ab und an mal hinzusehen und sie eben nicht blind der anderen Person überzustülpen.

Wenn das beide Partner*innen tun, sind das ziemlich gute Grundvoraussetzungen für eine funktionierende Partnerschaft, wo keine*r der beiden Partner*innen alles an sich selbst lieben muss.

4. Warum es dich verständnisvoller macht, wenn du nicht alles an dir liebst

Nicht alles an uns selbst toll zu finden und anzunehmen, dass uns einiges an uns selber richtig nervt, kann uns auch zu verständnisvolleren Menschen machen.

Wenn nämlich unser*e Partner*in, unsere Kinder, Freund*innen, Eltern, Kolleg*innen, Bekannte oder Verwandte auch mal mit ihren ungelösten Themen um die Ecke kommen und sich mal nicht ‘perfekt’ verhalten, dann können wir damit leichter umgehen, ohne es gleich auf uns selbst zu beziehen oder ein Riesendrama draus zu machen.

Denn wir wissen: “Ah, jetzt kommen grade deren wunde Punkte hoch! Und höchstwahrscheinlich mögen sie sich grade selbst nicht so wirklich. Das kenn ich…”

Dieses Verständnis hilft uns auch dabei, in Konflikten ein wenig nachsichtiger zu sein, uns nicht immer selbst auf den Schlips getreten zu fühlen, usw.

Wir können leichter begreifen, dass wir es eben gerade auch nur mit einem unperfekten Menschen zu tun haben, der nicht alles an sich selbst liebt. Und das ist okay!

5. Warum es nicht immer Selbstliebe, wohl aber Selbstverantwortung braucht

Und zum Schluss noch ein kleiner Disclaimer: Dieser Blogartikel war jetzt nicht dazu da, dass du lässig die Füße hochlegst und denkst: “Okay, dann muss ich mich ab jetzt nie wieder mit mir selbst auseinandersetzen. Ich lieb halt einfach nicht alles an mir und fertig.”

Nicht alles an sich selbst zu mögen und ein ständiger ‘work in progress’ zu sein, ist nämlich nicht gleichzeitig ein Freibrief dafür, die Verantwortung von sich wegzuschieben und dann beispielsweise in Konflikten ohne zu reflektieren den anderen Personen jeden Pups ins Gesicht zu blasen.

Es gibt einen Unterschied zwischen der Annahme der eigenen Schwächen und dem unreflektierten Abgeben der Verantwortung für die eigenen Gefühle/Bedürfnisse!

Du musst nicht alles an dir lieben. Du musst nicht perfekt sein. UND du darfst gleichzeitig die Verantwortung für dich selbst übernehmen.

Wenn du dir genau dabei Unterstützung wünschst, dann findest du auf meinem Blog und im Podcast ganz viel Inspiration und Impulse.

Und wenn du Lust hast, dann komm zu uns ins Liebe Leben Premium Membership und lass dich in wöchentlichen Coaching-Calls und monatlichen Workshops dabei begleiten, gut mit dir selbst klarzukommen, auch wenn wir alle nicht perfekt sind. :-)

Wenn du Fragen hast…

…werde Mitglied im Liebe Leben Premium Membership.

Dort kannst du anonym Fragen stellen und Antworten bekommen, du kannst Workshops besuchen und die Aufzeichnungen aller Coaching- und Q&A-Calls anschauen. Damit bekommst du genau das Coaching, das dich weiterbringt, ohne dass du selbst gecoacht werden musst. Und natürlich kannst du auch ein Coaching (und einen liebevollen Tritt in den A…) bekommen, wenn du das möchtest. Alle Online-Kurse sind in LLP enthalten.

Ähnliche Beiträge