Bindung vs. Authentizität

  • Wie authentisch bist du in deiner Partnerschaft?
  • Wie authentisch zeigst du dich in deinen wichtigsten Beziehungen
    (Familie, Freund*innen, …)?
  • Und wo hältst du vielleicht etwas von dir zurück, um die Verbindung / Beziehung zu deinem Gegenüber nicht zu gefährden?

Spannungsfeld von Bindung und Authentizität

Das Spannungsfeld von Bindung und Authentizität ist eines der wichtigsten, in dem wir uns in unseren Beziehungen bewegen. Wie authentisch wir uns zeigen können bzw. wie sehr wir uns unsere Authentizität erlauben, wird dabei bereits
in unserer frühesten Kindheit geprägt.

Der Traumaspezialist Gabor Maté hat sich mit dem Spannungsfeld zwischen Bindung und Authentizität tiefer auseinandergesetzt und beim Hören seines Buches Vom Mythos des Normalen – Wie unsere Gesellschaft uns krank macht und traumatisiert – Neue Wege zur Heilung hatte ich selbst viele Aha-Erlebnisse u.a.:

„Wahre Verbindung mit anderen beginnt mit einer authentischen Verbindung mit sich selbst.“ – Gabor Maté

In diesem Blogartikel und der dazugehörigen Podcastfolge sehen wir uns einige Aspekte an, die unser Bedürfnis nach Bindung bzw. Authentizität beeinflussen und überlegen, wie eine möglichst gesunde Beziehung demnach aussehen könnte.

Außerdem bekommst du von mir einige Tipps, falls du dich auf einem Extrem der Skala befindest –

  • also entweder die Bindung sehr stark über deine Authentizität stellst
    oder umgekehrt
  • deine Authentizität (Unabhängigkeit) so stark ausgeprägt ist, dass du kaum oder wenige tiefe Bindungen eingehen kannst.

Ich wünsch dir viele spannende Erkenntnisse.

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Kindheit und ihre Auswikungen auf unser Beziehungsverhalten

Zu Beginn ist es essentiell zu verstehen, dass für jeden Menschen, wenn er auf die Welt kommt, Bindung das allerwichtigste Bedürfnis ist.

Als Babys sind wir völlig hilflos und sind auf unsere Bezugspersonen angewiesen, um zu überleben. Wir müssen gestillt, gefüttert, gewickelt werden, jemand muss uns beruhigen, wenn wir schreien, wir brauchen Körperkontakt und Nähe, damit unser Nervensystem spürt, dass wir in Sicherheit sind.

Wenn ein Kind diese Bindung in den ersten Lebensmonaten und -jahren nicht erfährt, prägt das sein Nervensystem sehr stark. Es wird sich weniger gut selbst regulieren können, mehr Angst haben und sich generell unsicherer fühlen.

Das bedeutet:

Als Kinder (und zwar bevor wir bewusst denken können!) sind wir zu 100% auf Bindung ausgerichtet, da unser Nervensystem weiß: Wir brauchen Mama/Papa/Bezugsperson, um zu überleben.

Wenn Kinder also heranwachsen, tun sie instinktiv immer Eines: Sie scannen das Verhalten ihrer Bezugspersonen nach Signalen, ob ihr eigenes kindliches Verhalten/ihre eigenen Bedürfnisse/ihre eigenen Emotionen/Grenzen, etc. okay sind und geduldet werden oder eben nicht.

  • Wenn also beispielsweise der Vater jedes Mal extrem wütend wird, wenn das Kind weint, wird es anfangen, die Tränen eher runterzuschlucken. 
  • Wenn Mama jedes Mal Angst hat und gestresst ist, sobald das Kind versucht, am Spielplatz etwas Neues zu probieren, wird das Kind eher vorsichtig nur die ‘erlaubten’ Dinge tun und die eigene Neugier einschränken.
  • Wenn die Eltern und Großeltern besonders freundlich und zugewandt reagieren, sobald das Kind brav und wohlerzogen am Tisch sitzt und sich ganz leise verhält, wird das Kind dieses Verhalten als ‘sicher’ abspeichern und sich bevorzugt so verhalten.
  • usw.

Je mehr es also für ein Kind notwendig ist, ganz bestimmte Verhaltensweisen zu zeigen (und andere zu unterdrücken), um die Bindung zu den eigenen Eltern aufrecht zu erhalten, desto eher wird es lernen:

Je mehr die Eltern hingegen auf die Bedürfnisse und Emotionen des Kindes eingehen, desto eher wird es lernen: Ich bin okay, wie ich bin, und ich kann auch in Beziehungen meine Emotionen, Bedürfnisse und Grenzen zeigen.

Wenn du alleine lernen möchtest, mit deinen Herausforderungen in deiner Partnerschaft umzugehen, sind meine Kurse genau richtig:

Partnerschaft als Spiegel unserer Kindheitserfahrungen

Wenn wir nun unsere Partner*innen wählen und uns diesen Dynamiken nicht bewusst sind, dann werden wir mit ziemlich hoher Wahrscheinlichkeit genau die Beziehungsmuster reproduzieren, die wir in unserer Kindheit gelernt haben.

Wenn wir gelernt haben: Meine Bedürfnisse sind zu viel für mein Gegenüber bzw. ich werde ‘verlassen’, wenn ich Bedürfnis XY oder Emotion YZ zeige, dann werden wir auch in der Partnerschaft diese Teile von uns unterdrücken bzw. nicht zeigen.

So kann es sein, dass wir auch in unseren intimsten Beziehungen nur ganz bestimmte Teile von uns zeigen, von denen wir (in den meisten Fällen schon von Kindheit an) gelernt haben, dass sie okay sind.

Zum Beispiel:

  • Ich kann meinem Partner/meiner Partnerin meine Tränen zeigen, wenn ich mich überfordert fühle. (Ich werde getröstet, wenn ich schwach bin.) 
  • Aber ich kann keine Wut zeigen, wenn er*sie mich nervt. (Ich werde verlassen/abgelehnt, wenn ich wütend bin.) 

Je nachdem, wieviel wir von uns unterdrücken müssen, um unsere Bindungen aufrecht zu erhalten, kann das dazu führen, dass entweder:

  • unsere Beziehungen sich leicht und angenehm anfühlen (weil wir uns angenommen fühlen, wie wir sind)
  • extrem anstrengend sind und uns viel Energie kosten (weil wir viel von uns unterdrücken, um die Bindung zu erhalten) oder
  • wir von Vorneherein gar keine Beziehungen eingehen, um unsere Authentizität nicht zu gefährden

Wie du das Gleichgewicht zwischen Bindung und Authentizität findest

Spür also jetzt gerne mal in dich rein und überlege:

  • Wie authentisch kannst du dich in deinen engsten Beziehungen zeigen?
  • Wie nahe fühlst du dich deinem Partner/deiner Partnerin?
  • Welche Emotionen denkst du, nicht zeigen zu dürfen und warum?
  • Oder hast du vielleicht gar keine Partnerschaft bzw. beendest Beziehungen schnell, weil du fürchtest, deine Authentizität/Unabhängigkeit zu verlieren?

Je nachdem, wo du dich in diesem Spannungsfeld bewegst, können dir unterschiedliche Dinge helfen, um deine Beziehungen authentischer und leichter zu gestalten:

Tipps für die unterschiedlichen Beziehungstypen

Typ 1: Wenn Bindung über alles geht

Wenn du eher das Gefühl hast, dass du ein Mensch bist, dem Bindung so extrem wichtig ist, dass du dich selbst dafür zurückstellst (People Pleaser), kann es sein, dass du früh die Erfahrung gemacht hast, dass es nicht okay ist, dich mit deinen Emotionen und Bedürfnissen zu zeigen.

In diesem Fall sind dir die Emotionen und Bedürfnisse der anderen Person wahrscheinlich wichtiger als deine eigenen. Du hast Angst, die Bindung zu verlieren, deshalb tust du eher das, was die andere Person braucht, anstatt auf dich selbst zu hören bzw. dich selbst auszudrücken.

Hier ist es wichtig zu verstehen, dass dieses Muster mit hoher Wahrscheinlichkeit in deiner frühesten Kindheit entstanden ist, wo es in deiner Wahrnehmung noch lebensgefährlich (!!) war, deine Bedürfnisse/Emotionen zu äußern. Deshalb reagiert dein Nervensystem auch heute noch mit höchster Alarmstufe, wenn du fürchtest, deine Bindung/Beziehung zu verlieren.

Doch wenn du das weißt, kannst du dir heute als erwachsene Person sagen: Ich werde nicht sterben, wenn mein Gegenüber sauer auf mich ist. Ich werde nicht sterben, wenn wir ein paar Tage nicht miteinander reden. Und ich werde auch nicht sterben, wenn er*sie mich verlässt.

So kannst du dein Nervensystem und dein Unterbewusstsein langsam trainieren und dir selbst vermitteln, dass es heute, als erwachsene Person, völlig sicher ist, Emotionen zu zeigen/Grenzen zu setzen/Bedürfnisse zu äußern, etc. 

Du darfst lernen, dass es auch sicher ist, allein/für dich zu sein und du eine Beziehung nicht um jeden Preis brauchst.

Typ 2: Wenn Authentizität über alles geht

Dann kann es natürlich auch sein, dass du eher zur anderen Seite der Skala tendierst und Beziehungen schnell beendest oder gar nicht erst eingehst, weil du deine Authentizität/Unabhängigkeit nicht gefährden willst.

Das zeigt sich zum Beispiel so, dass die Bedürfnisse der anderen Person dich schnell überfordern, du dich extrem schnell eingeschränkt fühlst, sobald dein*e Partner*in etwas möchte, was du nicht willst, bzw. du sehr schnell ‘Red Flags’ witterst, wo vielleicht gar keine sind, sondern die andere Person sich einfach nur menschlich zeigt. 

In diesem Fall hast du wahrscheinlich früh gelernt, dass du, um deine Authentizität nicht zu gefährden, lieber auf nahe Bindungen verzichtest. Du schaffst es lieber allein, weil sich Beziehungen nie wirklich sicher/geborgen/unterstützend angefühlt haben.

Wenn du dich eher an diesem Ende der Skala zuhause fühlst, kann es dir helfen auszutesten, ob es Bindungen/Beziehungen gibt, wo du dich sicher fühlst. Du kannst versuchen, bewusst Nähe zuzulassen und damit deinem Nervensystem signalisieren: Eine Beziehung/Partnerschaft kann sich sicher anfühlen. Ich muss nicht um jeden Preis allein sein, um meine Authentizität zu schützen.

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