Ist die Pille ein Lust-Killer?
Nervös rutsche ich auf meinem Stuhl hin und her und beobachte, wie mein Frauenarzt Notizen auf meine Kartei-Karte schreibt. Heute wollte ich es endlich mal ansprechen und suche verzweifelt in meinen Gehirnwindungen nach den richtigen Worten.
„Noch irgendwelche Fragen?“, murmelt er beiläufig, vermutlich voller Hoffnung, dass da keine mehr wären, und er sein volles Wartezimmer schnell abarbeiten kann. Doch darauf habe ich gewartet. „Einfach raus damit!“, denke ich mir still und antworte mutig: „Ja, eine Frage habe ich noch.“
Er blickt von der Kartei auf und sieht mich direkt an. „Kann es sein…, also wäre es vielleicht möglich…, dass die Pille einen Einfluss auf die Lust hat? Also, ich meine, ich habe ja früher auch die Pille genommen und viel Lust auf Sex gehabt. Doch irgendwie wird das immer weniger. Jetzt dachte ich mir, dass das eventuell mit den Hormonen zu tun haben könnte…“ Ich stottere mich durch das Thema und es fällt mir nicht leicht mit diesem Mann über meine Lust zu sprechen.
Hormone und die Lust
In beiden Schwangerschaften konnte ich gar nicht genug Sex bekommen. Nach der Geburt der Kinder war meine Lust wie abgestorben. Jeglicher Gedanke an Sex fühlte sich sogar widerlich an und ich konnte mich noch nicht einmal mit erotischer Literatur anheizen (was sonst immer gut funktioniert hatte).
Nach dem Abstillen fühlte ich mich wieder relativ „normal“. Wobei es kein Vergleich mehr war zu den zwei/drei Jahren am Anfang unserer Beziehung. Sex wurde mir immer mehr zur Last und die Unzufriedenheit meines Mannes hat dieses Gefühl noch verstärkt. Der Druck wurde so groß, dass ich mich jetzt sogar traute, meinen Frauenarzt darauf anzusprechen.
Ich konnte deutlich spüren, dass unterschiedliche Hormon-Situationen sich unterschiedlich auf meine Lust auswirkten. Warum also nicht auch die Pille? „Nein. Auf keinen Fall. Wie sie ja bereits sagten, haben Sie früher auch Lust gehabt und die Pille genommen. Ich empfehle Ihnen eine Psychotherapie.“
„Na vielen Dank für das Gespräch!“, denke ich verärgert und verabschiede mich schnell aus der höchst unangenehmen Situation. Als Coach war ich natürlich bereits so schlau, die psychischen Hintergründe zu beleuchten.
Ich war bei meinem wingwave-Kollegen und habe alle Emotionen wie Groll, Schuldgefühle und Ärger gegenüber meinem Mann gelöst. Das hat mich erleichtert, entspannt und auch die Situation ein wenig verbessert. Wir haben einige Bücher zum Thema gelesen und auch die haben uns einen großen Schritt voran gebracht.
Doch ich fühlte, dass das ein weitreichenderes Thema ist und ich wollte eine ganzheitliche Lösung.
Noch mehr Kinder? Bitte nicht!
Schon länger fühlte ich mich nicht mehr wohl mit dem Gedanken, meinen Körper mit Hormonen voll zu stopfen und Andi und ich haben bereits über Alternativen zur Verhütung gesprochen. Ich wollte auf gar keinen Fall weitere Kinder und auch mein Mann empfand die größer werdende Freiheit durch die Selbständigkeit der Kids mittlerweile sehr angenehm.
Von Vasektomie* hatten wir über Freunde von Andi erfahren und wir beide fanden es interessant, weiter darüber nachzudenken. Wir stritten immer mal wieder über Sex und ich fand es höchst ungerecht, dass ICH diese Hormone nehmen sollte, obwohl ich viel weniger das Bedürfnis hatte, mit ihm zu schlafen. Wenn er so viel Sex will, soll er sich doch auch um die Verhütung kümmern, oder?
Doch er hat nichts unternommen und ich futterte weiterhin jeden Morgen das kleine Runde Ding. Ich wollte ihn auch nicht drängen, denn mir war durchaus klar, dass das eine weitreichende Entscheidung ist.
11.12.2006 Blasensprung
„Wenn wir später den Kaiserschnitt durchführen, sollen wir Sie dann auch gleich sterilisieren?“, fragt mich die Nachtschwester. Hallo? Vor einer Stunde ist meine Fruchtblase geplatzt, ich liege hier um Mitternacht in meiner eigenen Suppe und bin super nervös, weil ich weiß, dass sie mich bald aufschneiden werden. Das Spiel mit dem Kaiserschnitt kannte ich bereits, mein Sohn war ebenfalls eine Beckenendlage.
Doch diese Entscheidung überfordert mich gerade völlig. Was wenn mit dem Kind etwas schief läuft? Was wenn ich doch noch mehr Kinder haben möchte?
„Nein. Bitte nicht.“ Im Nachhinein wäre das gar keine blöde Idee gewesen, doch ich hatte leider zu wenig Zeit und Gelegenheit darüber nachzudenken und das Für und Wider genau abzuwägen. Auf keinen Fall wollte ich, dass mein Mann diesen Eingriff durchführen lässt, weil ich ihn dazu überredet habe. Das müsste er schon selbst entscheiden.
Lustkiller Pille
Eine Pillenpackung (6 Monate) später sitze ich bei meinem neuen Frauenarzt und will mir wieder meine übliche Pille verschreiben lassen, denn der andere Arzt sagte ja, dass die Pille nicht Schuld am meiner Lustlosigkeit war.
„Um Gottes willen!“ Entsetzt starrt mich der freundliche Mann an und holt weiter aus: „Diese Pille verschreibe ich Ihnen auf gar keinen Fall! Die ist extrem hoch dosiert und überhaupt sollten Sie in Ihrem Alter dringend auf andere Verhütungsmethoden ausweichen.“
Ich erzähle ihm von dem Gespräch mit meinem alten Frauenarzt und er meint, dass die Pille sehr wohl einen Einfluss auf die Lustfähigkeit nimmt. Insbesondere diese, die ich seit Jahrzehnten nehme. Denn sie unterdrückt die Bildung von Testosteron (das Hormon, das die Lust ankurbelt).
„Aha! Und was soll ich jetzt machen?“, frage ich weiter. Er erklärt mir ausführlich die Spirale und weitere Möglichkeiten. Interessiert höre ich zu, doch ich will mir gar nicht vorstellen, dass ich in meine Gebärmutter einen Fremdkörper einsetzen lasse. Allein der Gedanke daran fühlt sich gruselig an.
Er deutet meinen skeptischen Blick richtig und schließt das Gespräch mit den Worten: „Im Übrigen bin ich sowieso der Meinung, dass die Verhütung ab einem bestimmten Alter in die Verantwortung der Männer übergehen sollte!“
Verhütung = Männersache?
Ha! Hab ich es nicht gesagt? Wenn er schon andauernd Sex will, dann kann er sich auch um die Verhütung kümmern! Ich ließ mir noch ein letztes Mal eine Mini-Pille für 3 Monate verschreiben. Zu Hause angekommen googelte ich nach „Pille und Lust“. OMG! Das hätte ich auch schon mal früher machen können. Da waren viele Berichte von Frauen, deren Lust nach Absetzen der Pille wie durch Zauberhand zurückgekehrt war.
Ich fühlte mich bestärkt, nochmal mit Andi zu sprechen. Ich erzählte ihm, was der Arzt gesagt hatte und teilte ihm mit, dass ich in Zukunft keine Hormone mehr in meinen Körper pumpen will und dass wir zeitnah eine Lösung finden dürfen.
Danach ging alles ganz schnell. Der Eingriff war recht easy und mein Mann ging sehr entspannt damit um. Wie es ihm genau ergangen ist, kannst du von ihm selbst lesen.
Ende gut, alles gut?
Das Absetzen der Pille war für mich nicht der mega Lust-Booster, wie ich im Internet gelesen hatte (schade eigentlich). Doch eine sanfte Steigerung konnte ich schon feststellen. Seit ich keine Hormone mehr nehme, fühle ich wieder einen Zyklus, den ich lange nicht gespürt habe. Meine Lust wird z.B. stärker, wenn ich mich dem Eisprung nähere.
Darüber hinaus haben wir an vielen Stellschrauben gedreht und leben heute eine entspannte und für uns beide lustvolle Sexualität. Mein Mann hat noch immer deutlich mehr Lust als ich, und das ist völlig ok.
Für uns war die Vasektomie eine super Lösung, die (für mich) allerdings einen klitzekleinen Haken hat: Sex mit anderen Männern darf von meiner Seite aus gut vorbereitet und geplant sein ;-).
Leben darf leicht gehen und Spaß machen. Liebe auch!
Herzlichst,
Melanie
*Vasektomie, auch Vasoresektion genannt, bezeichnet das Entfernen von Gefäßen aus dem Körper. Meistens wird damit jedoch ein chirurgischer Eingriff zur Sterilisation des Mannes bezeichnet. Die Operation wird zur Empfängnisverhütung eingesetzt. Dabei werden die im Samenstrang befindlichen Samenleiter im Bereich des Hodensacks des Mannes durchtrennt. Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Vasektomie
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