Wem erzähle ich von meiner offenen Beziehung?
Wer ein offenes Beziehungskonstrukt lebt, gehört gesellschaftlich zu einer Minderheit und kann sich weniger austauschen. Wenn du über deine offene Beziehung auch offen sprechen magst, ist es sinnvoll zu reflektieren, mit wem, in welchen Situationen und warum du das tust. Dabei hilft dir dieser Artikel.
Angst vor Verurteilungen aus dem Umfeld
Die Idee zum Thema dieses Artikels kommt tatsächlich direkt aus meiner Community. Mir wurde die Frage gestellt, wie man am besten vor Familie und Freund*innen damit umgeht, ein offenes Beziehungskonstrukt zu leben.
Die Angst vor Verurteilung durch das Umfeld spielt hier eine große Rolle. Und ja: Diese Angst ist verständlich.
Denn wenn du/ihr offen mit eurer offenen Beziehung umgehen möchtet, werdet ihr garantiert an der einen oder anderen Stelle verurteilt werden. Deshalb lohnt es sich, im Vorfeld Gespräche zu führen und zu überlegen:
- Mit wem möchte ich meine Erfahrungen teilen?
- Wo ist es sinnvoller, nichts zu sagen?
- Und was sind meine/unsere Motive dafür, unsere Beziehungs-Entscheidungen nach außen zu kommunizieren?
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Offene Beziehung: Vorurteile durch Unwissen
Wir leben nunmal in einer Gesellschaft, die an sehr vielen Stellen noch ziemlich hinterwäldlerisch unterwegs ist. Der allgemeine Bildungsstand zu den Themen Sexualität und Beziehungsformen ist relativ schlecht. Der gesellschaftliche Konsens lautet nach wie vor: Monogamie ist das einzig Wahre.
Auch Themen wie Homosexualität, Transgender, Mehrgeschlechtlichkeit, usw. werden zwar immer mehr angesprochen, gelten aber noch längst nicht als normal oder gesellschaftlich voll akzeptiert.
Wenn du/ihr also von heute an beschließt, eurem kompletten Umfeld völlig unvorbereitet von eurem offenen Beziehungskonstrukt zu erzählen, werdet ihr vermutlich großteils mit Vorurteilen konfrontiert werden. Diese können zum Beispiel klingen wie:
- „Aha, das heißt, ihr vögelt jetzt alles, was nicht bei drei am Baum ist, oder wie?“
- „Oh Gott, nimmt mir diese Nymphomanin jetzt meinen Mann weg?“ oder
- „Naja, das bedeutet wohl, ihr liebt euch nicht wirklich. Sonst würdet ihr ja keine*n andere*n im Bett brauchen…“
- usw.
Alle diese Vorurteile entstehen dadurch, dass eben niemand über diese scheinbar unbequemen Themen spricht bzw. hier auch ein wenig Aufklärungsarbeit betreibt. Die Frage, die sich hier stellt, ist: Möchtest du bzw. möchtet ihr diejenigen sein, die das tun? Oder habt ihr darauf keinen Bock?
Erster Schritt: Selbstreflektion
Wenn du entscheidest, über deine offene Beziehung sprechen zu wollen, dann ist es sinnvoll, dich davor ein wenig selbst zu reflektieren, um hinterher nicht in unangenehmen Situationen zu landen. Hier kannst du drei grundlegende Fragen- bzw. Themenkomplexe für dich beantworten:
Warum möchte ich über meine offene Beziehung sprechen?
- Möchte ich, dass meine Freund*innen und meine Familie wissen, was bei mir los ist?
- Will ich ein authentisches Leben führen und ehrlich darüber reden, was mich bewegt?
- Möchte ich die Gesellschaft und mein Umfeld mitgestalten, indem ich dieses Thema anspreche und offen damit umgehe?
- Oder brauche ich einfach eine*n Freund*in, um meine Erfahrungen zu teilen und mir Dinge von der Seele zu reden?
Was genau möchte ich über meine offene Beziehung preisgeben?
- Möchte ich meinen engsten Freund*innen von meinen Liebesabenteuern berichten?
- Brauche ich Bestätigung für meine/unsere Entscheidung von meinem Umfeld?
- Oder möchte ich einen Diskurs über Monogamie und offene Beziehungen generell anregen?
Mit wem möchte ich über meine offene Beziehung sprechen?
- Brauche ich nur ein, zwei gute Freunde, mit denen ich alles teile?
- Möchte ich meinen gesamten Freundeskreis damit konfrontieren und dadurch riskieren, dass sich einige vielleicht von mir abwenden?
- Will ich meine Familie einweihen? Oder nur einzelne Familienmitglieder?
- Möchte ich einen Podcast starten und einen Instagram-Account eröffnen, um die öffentliche Meinung zu beeinflussen?
- usw.
Keine Antwort ist hier besser oder schlechter als die andere. Aber es ist wichtig, dir über deine eigenen Beweggründe im Klaren zu sein, bevor du dein Umfeld ins Vertrauen ziehst bzw. mit deinem offenen Beziehungskonstrukt nach außen gehst. Empfehlenswert ist es auch, wenn ihr über alle diese Fragen gemeinsam als Paar sprecht und einen Konsens findet, der für euch beide passt. Denn es kann natürlich sein, dass du anders über manche Themen denkst als dein*e Partner*in.
Wenn du das Gefühl hast, dass du dich / ihr euch im Kreis dreh(s)t und alleine nicht weiterkomm(s)t, empfehle ich dir/euch professionelle Begleitung – Ein Coaching oder eine Paarberatung ist die Abkürzung aus dem Drama und hilft dir oder euch, die Probleme zu lösen. HIER findest du alle Infos zu den Beratungspaketen bei Melanie und ihren Mitarbeiterinnen.
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Wie gefestigt seid ihr als Paar?
Bevor du/ihr mit anderen Personen über euer Beziehungskonstrukt sprecht, solltet ihr außerdem selbst schon einigermaßen gefestigt darin sein. Das bedeutet, es sollte keine großen Eifersuchtsanfälle oder Zweifel und Bedenken zwischen euch als Paar geben.
Denn sonst riskiert ihr, dass bei der nächsten Meinungsverschiedenheit plötzlich jemand ruft: „Ich hab’s dir doch gesagt, der Peter findet auch, dass das eine Scheißidee war!“, oder: „Genau darüber hab‘ ich mit der Tante Ilse gesprochen und sie hat mich davor gewarnt, dass das passieren könnte…“ – Ich glaube, es versteht sich von selbst, dass Peter und Ilse in Konflikten über euer Beziehungsmodell nicht unbedingt eine tragende Rolle spielen sollten…
Unabhängig vom Außen
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Grundsätzlich gilt: Die Meinung anderer kannst und wirst du niemals beeinflussen können. Ob sich manche deiner Freund*innen oder Familienmitglieder von dir/euch distanzieren, hängt vor allem von deren Weltbild und deren Bereitschaft zu offenen, vorurteilsfreien Gesprächen ab.
Ich selbst habe beispielsweise irgendwann beschlossen, viele Informationen über mich und meine Beziehung preiszugeben, um in der Gesellschaft und in meinem Umfeld etwas zu bewirken. Das ging jedoch mit unglaublich vielen Shitstorms und auch Menschen, die sich von mir abgewendet haben, einher.
Denn nicht jede*r ist eben bereit, andere Meinungen zu hören und sich darüber auszutauschen. Unser Umfeld setzt sich im Normalfall aus Menschen zusammen, die ähnliche Werte und Weltanschauungen teilen wie wir selbst.
Das bedeutet im Umkehrschluss: Diese Menschen (Freunde, Familie…) haben gewisse Erwartungen an uns und gehen davon aus, dass wir uns auf eine bestimmte Art und Weise verhalten. Wenn wir diese Erwartungen nun nicht erfüllen bzw. sogar ein in unserem Umfeld gültiges Weltbild infrage stellen, wird es für viele schwierig werden mit der Akzeptanz und Toleranz.
Denn mit deiner/eurer Entscheidung stellt ihr – aus Sicht eures Umfelds – indirekt auch deren Entscheidung infrage. (Selbst, wenn das nicht eure Absicht ist.) Es wird Menschen geben, die damit nicht umgehen können. Wenn ihr bereit seid, zu akzeptieren, dass sich diese Menschen aus eurem Leben verabschieden, werdet ihr euch generell freier und unabhängiger vom Außen fühlen.
Chance auf echte Verbindung und Austausch
Auf der anderen Seite birgt echte und mutige Offenheit natürlich auch die Chance auf authentische Verbindungen mit anderen Menschen.
Wenn du bzw. ihr die ersten seid, die das Thema ‚Offene Beziehung‘ in euer Umfeld bringen, kann es auch sein, dass der eine oder die andere auf euch zukommt und sagt: „Wow, ich habe mir schon oft dieselben Gedanken gemacht. Endlich spricht es mal jemand an…“ Hier werden dann plötzlich ganz andere Gespräche möglich und Menschen können ihre wahren Gedanken und Gefühle aussprechen und teilen.
Wer neue Wege geht und (noch) unkonventionelle Ideen vertritt, hat es generell nicht immer leicht. Wenn ihr zu diesen Menschen gehört, wird euch sicher an vielen Stellen der Gegenwind ins Gesicht blasen.
Entscheidet selbst, wieviel davon ihr in Kauf nehmen mögt und wo ihr sagt: „Was wir tun, geht niemanden was an!“
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Denn: Leben darf leicht gehen und Spaß machen. Liebe auch!
Herzlichst,
Melanie