Monogamie
|

Kann die Monogamie weg? Interview mit Friedemann Karig

Folge 067: Die Monogamie ist ein Desaster! Kann die weg? Friedemann Karig, Autor des großartigen Buches „Wie wir lieben – Vom Ende der Monogamie“* steht mir Rede und Antwort zu allen Fragen rund um die Monogamie und die Liebe.

Es ist der 20. September 2018, ich sitze in einem winzigen Kämmerlein eines CoWorkingSpaces mit einem männlichen Leckerli und wir schwitzen aus jeder Pore. Nein, nicht wie du jetzt denkst… Es ist ein spätsommerlicher, sehr warmer Tag und das Kämmerlein hat kein Fenster. Dafür schallschluckende Wände.

Bestseller-Autor, TV- und Radio-Star

MonogamieFriedemann Karig hat es mit seinem Buch 2017 in die Top 50 der Spiegel-Bestsellerliste geschafft und er war bei Markus Lanz im TV. Somit ist er also eine Berühmtheit. Er versichert mir, dass der Ruhm nur 10 min. lang gedauert hat und dass ein Auftritt bei Lanz überbewertet wird.

Friedemannwar in der Cosmopolitan, dem Spiegel, im Playboy (logisch!), auf Zeit online und stern.de. Er hatte ein Interview in der Welt (die ihm einen Satz in den Mund gelegt haben, den er nie gesagt hat) und im Radio bei Mensch Otto.

Ich bin jedenfalls nervös als wir uns zum Interview treffen und hab mich krass vorbereitet, mit vielen Anmerkungen in seinem Buch, weil ich so begeistert von dem Werk bin und mir wünsche, dass noch viel mehr Menschen darin schmökern. Sich eine erweiterte Sicht auf Beziehungen, Monogamie und all das zulegen. Das möchte ich mit meinem Podcast schaffen.

Warum schreibt ein Journalist so ein Buch?

Dass ich über solche Themen schreibe, ist ja logisch. Aber warum schreibt ein junger Journalist über dieses Thema? Gab es einen bestimmten Auslöser? Nun, nicht direkt. Im Freundeskreis gibt es ein Paar, das sich an alternativen Beziehungskonzepten versucht und Friedemann findet es spannend, dort noch weiter zu forschen, zu recherchieren und schließlich darüber zu schreiben.

„Es gibt wesentlich mehr Menschen, die offener lieben, als wir denken!“

Und im Zuge des Hypes um Michael Nast und dessen Buch „Generation Beziehungsunfähig“ wollte Friedemann mehr. Er wollte den Menschen Hoffnung geben und echte Unterstützung. Nicht nur eine Ausrede, warum wir (bzw. die Generation Y) angeblich nicht in der Lage sind, Beziehungen zu führen.

Übrigens hat die Schweizer Journalistin Michèle Binswanger mit ihrem Buch „Fremgehen – Ein Handbuch für Frauen“* ein ebenso lesenswertes Werk abgeliefert.

Wie hat das Buch seine Beziehungen verändert?

Friedemann ist Single (Mädels, haltet euch ran!) und auch wenn er jetzt noch nicht weiß, wie genau seine nächste Partnerin sein wird und wie diese Beziehung aussehen wird, hat ihn die Recherche zu seinem Buch doch geprägt und dazu geführt, dass er die Liebe anders betrachtet als die meisten Menschen.

Allerdings hat er keinen Ratgeber geschrieben (die mag er nämlich nicht) und er will auch nicht für offene Beziehungskonzepte werben. Es ist ihm super wichtig, dass jeder so lebt und liebt wie er/sie meint, dass es cool ist. Es gib keine One fits all Lösung. Wir alle dürfen unser ganz eigenes Konzept entwickeln, ausprobieren und anpassen.

„Wenn jemand glaubt, alles über die Liebe zu wissen, ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass er/sie nicht sehr viel weiß!“

Liebe ist, wenn Treue Spaß macht!

Ich hasse diesen Spruch und könnte kotzen, so oft läuft mir der Schmarrn über den Weg. Ja, Treue kann sehr wohl Spaß machen, aber das hat mit Liebe nix zu tun. Und ich kann meinen Mann sehr lieben und trotzdem keinen Spaß an lebenslanger Treue haben. Treue kostet auch einen Preis.

Wir diskutieren ein wenig über diesen Satz, den Friedemann noch nie gehört hat. Zunächst findet er ihn noch ganz stimmig, bis er länger darüber nachdenkt und die Aussage differenziert betrachtet. Es gibt keine absolute Wahrheit, was Liebe ist und was nicht! Das muss jeder für sich selbst entscheiden.

Am Beginn einer Beziehung ist möglicherweise nicht die richtige Zeit, um über eine Öffnung nachzudenken.

Um die Beziehung zu öffnen, braucht es ein stabiles Fundament!

Auf meiner Seite und meinen Social-Media-Kanälen findest du jede Menge kostenfreie Information, um deine Beziehung neu zu gestalten.
Wenn du direkt mit mir arbeiten willst, kannst du hier ein Coaching für dich oder für euch als Paar buchen.

In manchen Nächten hab ich einen Anderen!

Wir reden auch über das tolle Buch von Anna Zimt „In manchen Nächten hab ich einen anderen“* und freuen uns darüber, dass eine Frau in der Öffentlichkeit erzählt, wie sie ihr Beziehungskonzept lebt, jenseits der gesellschaftlichen Moral.

Kürzlich hatte Anna auch ein Interview in der „WELT“ und die Kommentare auf Facebook zu dem Beitrag waren wie immer teilweise unter der Gürtellinie und ganz schrecklich. Ich bin das ja mittlerweile gewöhnt, mein Video von GedankenTanken hat mittlerweile über 100.000 Views und einige (viele) unterirdische Kommentare.

Wie geht es Friedemann damit? Er meint, er ist ein männlicher, weißer, heterosexueller, deutscher Autor und damit in einer höchst privilegierten Lage, so dass er nicht so viele Angriffsflächen hat, wie z.B. jemand mit Migarationshintergrund oder eine Frau. Natürlich hat er auch viel Gegenwind bekommen, von Menschen, die ihm vorgeworfen haben, dass das doch keine Liebe sein kann (wie bei Anna auch).

„Die Menschen sind verunsichert und fühlen sich um ihr Glück betrogen, weil Hollywood nicht funktioniert!“

Macht euch mal locker, Leute!

Fluch und Segen der Individualisierung und Liberalisierung: Sie gibt uns die Freiheit, selbst herauszufinden, was wir leben wollen und was nicht. Das ist furchtbar anstrengend. Wenn wir nicht glücklich sind im Supermarkt der Möglichkeiten und jetzt kommt auch noch ein Typ daher, der sagt, es gibt noch mehr Möglichkeiten, dann wird das unfassbar schwierig für viele.

Doch gerade wir in Deutschland haben die Freiheit, unsere Partner selbst auszusuchen und unsere Sexualität zumindest weitestgehend frei zu wählen, das haben viele Menschen in anderen Ländern nicht. Somit haben wir schon fast die Pflicht, bzw. die Verantwortung mit dieser Freiheit auch umzugehen und sie zu trainieren.

„Freiheit ist wie ein Muskel. Wenn wir sie nicht trainieren, verkümmert sie!“

Monogamie Definition

Wir leben eine Mogelpackung der Monogamie, sagt Friedemann. Die serielle Monogamie. Anstatt ein Leben lang treu zu sein, sind wir es „nur“ noch in der aktuellen Partnerschaft. Das ist auch völlig ok. Wenn es schöne 3 Monate waren, ist doch alles gut. Doch die Menschen meinen, dass sexuelle Exklusivität auch Treue bedeutet und das ist Quatsch.

Was ist Monogamie? Monogamie heißt grundsätzlich mal schlicht und einfach: Ein-Ehe! Das ist sogar gesetzlich geregelt, weil wir gar nicht mehr als einen Menschen heiraten dürfen. Polygamie (Mehr-Ehe) ist verboten! In unserer Gesellschaft bedeutet Monogamie „Sex mit einer Person gleichzeitig“ und Polygamie „alles vögeln, was nicht bei drei am Baum ist.“

Was bedeutet treu sein?

Wir bevorzugen beide das Wort Loyalität. Und der Grat der Loyalität hat nichts damit zu tun, mit wem oder wie vielen Menschen wir wann Sex haben. Es gibt monogame Paare, die sich gegenseitig anlügen und überhaupt nicht hinter dem anderen stehen und zu ihm oder ihr halten, aber sie schlafen nicht mit anderen. Das gilt dann als treu und ehrlich. Ist es aber nicht!

Wie wichtig ist Ehrlichkeit?

Für Friedemann ist es viel wichtiger, ehrlich zu sein, als die sexuelle Exklusivität. Den Grad der Ehrlichkeit kann jedes Paar für sich aushandeln. Bei Anna Zimt sind es z.B. 95%, in meiner eigenen Ehe würde ich sagen 85%. Ich will Geheimnisse haben dürfen und gestehe sie auch meinem Mann zu.

Wir können 100% ehrlich sein, ohne immer alles zu wissen, was der andere tut. Augenhöhe ist ein schöner Begriff und ich mag den Gedanken des Team-Play. Manchmal stärken wir das Team, wenn wir die Wahrheit sagen, manchmal stärken wir das Team (die Beziehung), wenn wir Dinge verschweigen.

Don’t ask don’t tell

DADT ist ein völlig legitimes Modell, in welchem wir nicht alles wissen müssen und oftmals gar nicht wissen wollen, was der Partner so treibt. Wenn mein Mann eine schwierige Bergtour unternimmt, will ich nicht wissen, wie gefährlich der Berg wirklich ist und wie anspruchsvoll der Grat ist, den er da hoch steigt.

Ich kann das nicht abschätzen, welche Fähigkeiten er hat, ob er dem Berg gewachsen ist, wie seine Tagesform ist, usw. Dasselbe gilt auch für unsere Sexualität. Ich muss und will nicht alles wissen, was er tut und ich muss und will nicht alles erzählen, was ich so tue. Wir können darüber reden, müssen es aber nicht.

Viele Paare können aber nicht mit dem Partner über Gelüste oder Wünsche reden, selbst wenn sie wollen, weil der Partner gar nicht bereit ist, die Wahrheit zu hören. Das finde ich schade.

Die Bedeutung von Sex

Sex ist so schambesetzt für viele Menschen, auf der anderen Seite ist Sex allgegenwärtig. Zum einen spielen wir ihn runter: „Es gib auch noch was anders im Leben“, zum anderen nehmen wir Sex so krass wichtig, besonders wenn er nicht im eigenen Schlafzimmer mit dem eigenen Partner passiert.

Oversexed and underfuked – Wo wir gehen und stehen, treffen wir auf sexuelle Reize, aber können sie nicht so ausleben, wie wir das gerne würden. Diese Ambivalenz führt zu einer gewissen Verdrängung und dem Widerwillen uns damit zu beschäftigen und versagen uns diese Wünsche auszuleben. Das führt zu einer großen Unzufriedenheit.

Wir kriegen Rückenschmerzen, weil wir nicht zum Sitzen gemacht sind und wir kriegen Schwierigkeiten, weil wir die große sexuelle Kraft, die wir haben, nicht nutzen. Das kann auf Dauer nur schwer funktionieren.

Hast du einen Vertrag beim FC Bayern?

Darf ich mir ein Motorrad wünschen, wenn ich einen Porsche in der Garage stehen hab? Darf ich mir einen anderen Mann wünschen, wenn ich einen großartigen Mann zu Hause hab? Gerade Singles können es schwer ertragen, wenn ich davon berichte, dass ich nicht nur meinen Mann will, sondern manchmal auch einen anderen.

Friedemann vergleicht das in seinem Buch mit dem FC Bayern. Angenommen, du spielst bei den Münchner Löwen (TSV 1860) und plötzlich kommt der FC Bayern daher und will dich unter Vertrag nehmen. Dein Partner hat natürlich Angst (Eifersucht), dass du Vertragsverhandlungen mit einem anderen Verein führst, vor allem dann, wenn er/sie nichts davon weiß.

Fußballer handeln solche Verträge ständig aus und dann geht es nur noch um die Ablöse. Egal, wie sicher ich mir meines Partners bin, weiß ich doch, dass es auch andere Vereine gibt. Und wenn ich immer NEIN sage, wenn mich ein anderer Verein unter Vertrag nehmen will, hab ich doch Angst, dass der Partner doch woanders unterschreiben könnte.

(Buchtipp von Friedemann: „Selbst im Spiegel“* – Wenn wir auf der Bühne des anderen Bewusstseins tanzen und dann wird uns die Rolle genommen, dann ist die Verletzung so groß!)

Eifersucht

Ist die Verlustangst, weil wir unsere Liebe frei wählen können, dann müssen wir auch was Besonderes sein und wenn der/die andere uns ablehnt, dann ist es die tiefste Verletzung, die wir fühlen können.

In Friedemanns Buch gibt es auch ein paar Tipps, um mit der Eifersucht besser klar zu kommen:

  • Eifersucht zulassen und bewusst fühlen (sie beobachten und die Sätze aufschreiben, die sie dir einflüstert)
  • Emotionale Selbstwirksamkeit entwickeln (ich muss wissen, wo ich aufhöre und der andere anfängt)
  • Selbstliebe (wer auch alleine gut ist, hat weniger zu verlieren)
  • Emotionales Yoga (es fällt schwer, spannt und zieht, aber ich kann in den leichten Schmerz hineinatmen und es aushalten)

Eifersucht ist eine Art Höhenangst, wir sind in der Beziehung hoch hinaus gekommen und haben viel zu verlieren. Natürlich haben wir auch Angst, dort runter zu fallen. Doch wir können etwas dagegen tun.

Wenn dein eigener Rasen gut gepflegt ist, dann kann das Gras auf der anderen Seite gar nicht grüner sein.

Bergexpedition oder Yoga

MonogamieEine neue Beziehungsform dürfen wir langsam angehen. Anstatt zu große Schritte zu machen, anstatt direkt mit dem Kopfstand anzufangen, ist es erfolgreicher, wenn wir kleine Schritte gehen, wenn wir am Berg auch mal umdrehen, wenn das Wetter schlecht wird oder der Steinschlag runter kommt.

Ich selbst hab zu viel gewollt und bin auf die Schnauze gefallen. Auch wenn „Wie wir lieben“ auf keinen Fall ein Ratgeber ist, gibt es am Ende doch noch praktische Tipps, wie es funktionieren kann, das Beziehungskonzept zu „erweitern“.

  • Reden – Oh ja, das macht absolut Sinn! Wenn du nicht über deine Beziehung, über deine Gefühle und über Sex reden kannst, wird es schwierig. Sehr schwierig.
  • Fühlen – Lerne, schonungslos in dich hinzeinzufühlen!
  • Küssen – Stellvertretend für Zuneigung, Wertschätzung und Hingabe. Deine Beziehung verkümmert, wenn du nicht körperlich zeigst, dass dir dein Partner wichtig und wertvoll ist. Auch wenn du gern noch jemanden vögelst.
  • Gehen – Nicht rennen, nicht springen, nicht in Siebenmeilenstiefeln rumstiefeln. Gehen. Am besten langsam. Vor und wenn nötig zurück. Achte auf den Steinschlag.

Meine Kinder sollen freier sein!

Gibt es einen gesellschaftlichen Wandel? Können wir mit Büchern die Gesellschaft ändern? Friedemann glaubt, wir überschätzen die Geschwindigkeit von gesellschaftlicher Veränderung. Ich lasse mir meine Hoffnung aber nicht nehmen und wünsche mir sehr, dass meine Kinder die Wahl haben, ob sie monogam oder offen oder polyamor leben wollen und es damit leichter haben, als wir.

Heute sind Frauen selbstbestimmter und freier, als noch eine Generation davor, und es ist noch ein Weg zu gehen. Das ist meine Mission, meinen Kunden (Frauen und Männern!) die Möglichkeiten zu eröffnen, ihr eigenes Ding zu machen, ihre Liebe zu befreien und ihre Sehnsüchte zu leben.

Mit Tinder und Facebook gibt es neue Technologien, die unsere Ur-Bedürfnisse und Muster befriedigen. Es gibt uns viele Möglichkeiten und diese sind trotzdem begrenzt. Wir haben bereits alles, um die Monogamie aufzubrechen, die Hürde liegt in uns selbst.

So kann ich nur meinen Kindern vorleben, dass die Monogamie nicht die EINZIGE Beziehungsform ist und dass sie ihr Leben und ihre Liebe so gestalten können, wie SIE es wollen und nicht wie die Gesellschaft es vorschreibt!

Leben darf leicht gehen und Spaß machen. Liebe auch!

Herzlichst,
Melanie

Wie wir liebenPS. Wenn du Unterstützung brauchst, weil du deine Beziehung freier gestalten möchtest, aber nicht weißt, wie du das anstellen sollst, melde dich für ein Coaching. Mit meiner Erfahrung hast du einen echten Profi an deiner Seite und wir entwickeln gemeinsam deine nächsten Schritte.

PPS. Falls du es noch nicht gemerkt haben solltest, empfehle ich dir, das Buch von Friedemann zu lesen. Es ist großartig!

Wenn du Fragen hast… 

Dort gibt jeden Monat ein LIVE Webinar und eine Q&A Session!
Fragen über die Website oder über PN auf meinen Social-Media-Kanälen werde ich nicht beantworten. Für mich ist das eine Sache der Verantwortung.

Wenn es bei dir heftig kriselt, wenn du emotional „durch“ bist, dann helfen dir Tipps im Chat einfach nicht. Dann gehörst du in professionelle Hände und dann bitte ich dich: such‘ dir Hilfe!
Ich kann nur mit dir arbeiten, wenn du mich als deine Paarberaterin oder deinen Coach beauftragst. Lies gerne in meinem Blog, abonniere meinen Podcast oder nutze die Community zum Austausch in der Gruppe aber vor allem: nimm ein Coaching in Anspruch – ob bei mir oder meinen Kollegen.
Das solltest du dir wert sein!

 

Ähnliche Beiträge