Beziehung auf Augenhöhe

Emotional erwachsen werden – Warum sich die Anstrengung lohnt!

In sehr vielen Beziehungssituationen sprechen nicht zwei erwachsene Menschen miteinander, sondern es kommunizieren internalisierte Eltern- und Kind-Anteile. Um ein wirklich selbstbestimmtes Leben und eine Partnerschaft auf Augenhöhe zu führen, lohnt es sich, diese Anteile in sich selbst zu erkennen. Wie das geht, erfährst du im heutigen Artikel.

„Du bist schuld!“

Wenn wir durch die Kommentarspalten auf Social-Media scrollen, Gesprächen in der Straßenbahn lauschen oder mit offenen Ohren durch Shopping Malls bummeln, dann lesen und hören wir meist die gleiche Leier: „Die Politiker sind schuld daran, dass ich so wenig Geld habe“, „Die Medien sind schuld daran, dass wir alle verblöden“, „Mein Ex-Freund ist schuld daran, dass ich Probleme damit habe, mich auf jemand Neues einzulassen“, und so weiter und so fort.

Es ist so einfach und kostet so wenig Aufwand, die Schuld am eigenen Leid bei anderen Menschen oder äußeren Umständen zu suchen. Genau das haben die meisten von uns auch als Kinder gelernt. Das Problem daran ist nur: Solange wir versuchen, die Schuld auszulagern, geben wir auch die Verantwortung für unser Leben an andere (an die Politik, den Ex-Freund, die Medien, die Nachbarin, die Eltern…) ab. Wir bleiben emotionale Kinder.

Das emotionale Kind: Ohnmacht und Opferhaltung 

Kinder sind äußeren Umständen tatsächlich ausgeliefert. Sie sind abhängig von ihren Eltern und Bezugspersonen. Ihr Überleben hängt davon ab, dass Mama und Papa sie füttern, wickeln, ihnen den Rücken streicheln und ihnen ein Pflaster aufs Knie kleben, wenn es aufgeschürft ist.

Wenn sie hungrig sind, müssen sie sofort essen und wenn ein Spielzeug verloren geht, kann das ein Weltuntergang sein. Das ist völlig natürliches, kindliches Verhalten. Denn am Beginn unseres Lebens ist unser Gehirn noch nicht so weit ausgeprägt, um große Zusammenhänge zu erkennen. Wir können uns noch nicht selbst helfen.

Mit zunehmendem Alter jedoch verändert sich das. Wir wachsen heran, gehen zur Schule, entwickeln Kompetenzen und lernen, für uns selbst zu sorgen. Nur emotional bleiben viele von uns in einem Kind-Schema stecken und verpassen somit, auch innerlich ein erwachsener Mensch zu werden.

Dies liegt in den meisten Fällen daran, dass wir in Familien aufgewachsen sind, in denen unsere Eltern selbst nicht emotional erwachsen wurden, sondern ungesunde Muster und Verhaltensweisen weitergegeben haben, ohne sie zu hinterfragen. 

Eltern-Ich und Kind-Anteil: Beziehung in Schieflage

So kommt es dazu, dass heute in vielen Beziehungen nicht zwei wirklich erwachsene Menschen miteinander sprechen, sondern häufig ein unbewusstes Kind-Ich und ein internalisierter Eltern-Anteil. Der amerikanische Psychiater Eric Berne hat in diesem Zusammenhang das Modell der Transaktionsanalyse begründet. Es besagt, dass es in jedem Menschen mehrere innere Anteile gibt:

1. Ein internalisiertes Eltern-Ich

Dieses ist entweder fürsorglich oder belehrend. Es ist die Stimme in unserem Kopf, die entweder auf uns draufhaut, wenn wir wieder mal was ‚falsch‘ gemacht haben, oder die freundlich zu uns ist. Je nachdem wie unsere eigenen Eltern uns behandelt haben.

2. Ein Erwachsenen-Ich: 

Dieses reagiert angemessen auf äußere Situationen und kann auf Augenhöhe mit anderen Erwachsenen-Ichs kommunizieren.

3. Ein Kind-Ich: 

Dieses zeigt sich in unterschiedlichen Situationen – je nachdem wie wir aufgewachsen sind – entweder natürlich (spielerisch, inspiriert, begeistert), angepasst oder rebellisch (trotzig, kämpferisch). 

In vielen Partnerschaften treffen nun zwei Menschen aufeinander, die in einem dieser inneren Anteile ‚hängen geblieben‘ sind. So kommunizieren dann nicht zwei erwachsene (Ehe-)Partner, sondern zum Beispiel ein belehrendes Eltern-Ich und ein trotziges Kind-Ich.

Ein klassisches Beispiel wäre hier die Frau, die dem Mann jeden Tag rauslegt, was er anziehen soll, und der Mann, der sich darüber aufregt, dass ihm die Hose nicht gefällt, die sie ihm doch ‚extra‘ gekauft hat. Oder die Frau, die nicht daran glaubt, dass sie selbst Karriere machen kann (angepasstes Kind-Ich) und der Mann, der sagt, das müsse sie doch gar nicht, er habe doch eh genug Geld für beide (fürsorgliches Eltern-Ich), usw.

Solche Partnerschaften können ziemlich lange gut gehen (manchmal sogar ein Leben lang), doch dies wird immer auf Kosten der Selbstermächtigung und Selbstbestimmung eines oder beider Partner passieren. 

Emotional erwachsen werden – eine Lebensaufgabe

Es ist oft ein langer Weg, aus diesen ungesunden Mustern auszubrechen – vor allem, wenn sie uns seit unserer Kindheit begleiten. Und es ist wesentlich anstrengender, die eigenen Gefühle und Gedanken zu hinterfragen und Schritt für Schritt zu einem emotional erwachsenen Menschen zu werden, als ein Leben lang in der Opferhaltung zu verweilen.

Wenn du dich jedoch dafür entscheidest, emotional erwachsen werden zu wollen, kriegst du dafür auch die Benefits: Du fühlst dich auf Dauer wesentlich freier und selbstbestimmter. Du bist weniger erpressbar, fühlst dich weniger abhängig von anderen und musst deshalb nicht mehr ständig people pleasen.

Du hast nicht mehr das Gefühl, dass du andere Menschen um Erlaubnis für irgendetwas bitten musst und kannst auch deine Mitmenschen immer mehr so annehmen, wie sie sind, ohne Erwartungen an sie zu haben. Du kennst deine Werte und Ziele, gehst für dich selber los und machst nicht mehr das Außen dafür verantwortlich, dass in deinem Leben etwas klappt oder eben nicht. Kurz gesagt: Du bist ein selbstermächtigter, eigenständiger Mensch. 

Die Kennzeichen des emotional erwachsenen Menschen

Hört sich alles toll an, denkst du? Ist es auch. Wenn du bereit bist, die innere Arbeit zu tun, die dafür notwendig ist. Denn wenn du diesen Artikel liest, steckst du wahrscheinlich – wie so viele andere Menschen – immer noch häufig in deinem emotionalen Kind-Ich (oder dem internalisierten Eltern-Ich) fest. Und das ist völlig okay!

Der erste und wichtigste Schritt auf deinem Weg ist zunächst einmal: Mach dich nicht selber fertig. Hau nicht auf dich drauf, wenn du in einer Situation überreagierst. Bewerte dich nicht, wenn du dich ohnmächtig oder machtlos fühlst. Sei nicht gemein zu dir selbst, wenn du dich in einigen der oben genannten Beispiele wieder gefunden hast. Wir sind alle Menschen, und es ist eben menschlich, alte Muster zu wiederholen.

Der Weg zum emotionalen Erwachsenwerden ist nicht easypeasy. Aber du kannst jederzeit damit beginnen. Und zwar, indem du von jetzt an beschließt, die volle Verantwortung für deine Gedanken, deine Gefühle und dein Leben zu übernehmen. Als emotional erwachsener Mensch

  • lernst du, deine Emotionen erstmal bei dir zu behalten, ohne sie gleich deinen Mitmenschen um die Ohren zu blasen.
  • beginnst du zu hinterfragen, woher deine Gedanken und Gefühle kommen, anstatt die Schuld dafür im Außen zu suchen.
  • kannst du Schritt für Schritt mehr mit dir selber ausmachen.
  • trittst du in Konfliktsituationen erstmal einen Schritt zurück, kühlst runter und führst dann im Anschluss Gespräche auf Augenhöhe.
  • bist du fähig, alle deine Emotionen zu fühlen und anzuerkennen (auch und gerade die unangenehmen!), ohne sie zu bewerten und ohne dich dafür fertig zu machen.
  • übernimmst du Verantwortung für dein Leid, aber auch für deine Freude, deine Inspiration, deine Begeisterung und deinen Erfolg.

Ab jetzt anders!

Wenn du Lust hast, ab jetzt den ‚Kinderschuhen‘ zu entwachsen, dann gibt es einige coole Tools und Übungen, die du in dein Leben integrieren kannst, um deinen Gedanken und Gefühlen auf die Schliche zu kommen und Verantwortung dafür zu übernehmen.


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Übung: Wer ist schuld?

Dazu ist es notwendig, erstmal schonungslos ehrlich zu dir selbst zu sein. Denn es bringt nix, wenn du dir in deinem Kopf sagst: „Ich bin erwachsen, ich weiß, ich sollte mich in dieser Situation jetzt nicht so aufregen…“ Damit schiebst du deine Emotion weg und übergehst sie. Stattdessen darfst du dem trotzigen, rebellischen, ängstlichen oder angepassten Kind in dir, das sich über Gott und die Welt beschweren möchte, Raum geben. 

Beleuchte alle Aspekte deines Lebens und schreib auf, wie du dich diesbezüglich fühlst:

  • Wie läuft deine Partnerschaft? Wer ist schuld daran, dass sie so läuft, wie sie läuft? 
  • Wie steht es um deinen Job und deine Finanzen? Wer ist schuld an deiner Situation? 
  • Wie geht es dir gesundheitlich? Bist du fit und ernährst du dich gut? Wer ist schuld, wenn dem nicht so ist? 
  • usw.

Wichtig ist, dass du das Kind in dir sprechen lässt, das sich auskotzen will. Sei offen für deinen eigenen Mist, schreib ihn auf und gib ihm Raum.

In einem zweiten Schritt kannst du dann völlig nüchtern und emotionslos die Sachlage in den einzelnen Lebensbereichen aufschreiben. Zum Beispiel: 

  • „Mein/e Partner/in und ich reden weniger miteinander als früher. Wir haben ein Mal im Monat Sex. Unser letzter Urlaub ist zwei Jahre her.“ Oder: 
  • „Ich verdiene im Moment XY€ pro Monat. Ich arbeite XY Stunden.“ 
  • „Ich mache keinen Sport.“
  • usw. 

Hier geht es darum, alle Emotionen draußen zu lassen und ganz nüchtern die Fakten zu betrachten. 

Nun sieh dir einen Fakt nach dem anderen genau an und spür, welche Gedanken und Gefühle er in dir auslöst: 

  • „Wir haben einmal im Monat Sex.“ -> „Ich glaube, er/sie begehrt mich nicht. Ich fühl mich unattraktiv und unsicher.“
  • „Ich verdiene XY€.“ -> „Ich hätte gerne mehr Geld, aber ich glaube nicht, dass ich qualifiziert genug bin, um einen besseren Posten zu bekommen.“
  • „Ich mache keinen Sport.“ -> „Es wäre mir peinlich, rauszugehen und zu laufen. Ich fühle mich zu dick dafür.“
  • usw.

Im letzten Schritt frage dich: Was würde ich denken, fühlen und tun, wenn ich in dieser Situation die volle Verantwortung für mein Leben übernehmen würde? Wie könnte sich dieser Umstand ändern, wenn ich die Schuld nicht mehr bei anderen Menschen oder in äußeren Umständen suche, sondern die Verantwortung dafür zu mir zurückhole und anders denke, fühle und handle?


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Übung 2: Check-In und Intention

Diese Check-In-Übung kannst du jedes Mal machen, wenn du eine Situation verlässt und in eine neue Situation eintrittst. Schau mal, was sich ändert, wenn du sie regelmäßig in deinen Alltag integrierst.

Um deine gewohnten Muster zu durchbrechen und neue zu etablieren, kannst du dir im Alltag immer wieder Zeit nehmen, um bei dir selbst anzukommen. Das heißt: Wenn du in deiner Partnerschaft zum Beispiel wieder mehr gute und witzige Gespräche führen willst, aber immer stinkig und angekotzt von der Arbeit nach Hause kommst, dann bleib das nächste Mal etwas länger im Auto sitzen, bevor du abends die Wohnung betrittst.

Erkenne an, dass du einen blöden Tag hattest, aber dass dein Partner/deine Partnerin nix dafür kann. Setze eine bewusste Intention, dieses Gefühl loszulassen und deinem Partner/deiner Partnerin gegenüber freundlich und entgegenkommend zu sein. Und steig erst dann aus dem Auto aus.

Work, work, work!

Ja – diese Übungen und Tools anzuwenden, dich immer wieder selbst zu hinterfragen, alle deine unangenehmen Gefühle zu fühlen und deine blödesten, miesesten Gedanken zu erforschen, ist kein Kindergeburtstag. Es ist Arbeit! Vermutlich wirst du immer wieder in alte Muster zurückfallen oder dich in Eltern-Kind-Ich-Konflikten wiederfinden. Das ist okay!

Niemand ist perfekt, und auch der Weg zum emotionalen Erwachsenwerden ist nicht perfekt. Deshalb: Mach dir keinen Druck! Mit der Zeit wirst du ganz von selbst merken, dass du schneller erkennst, welche Programme in dir ablaufen – und du wirst dich schneller wieder rückbesinnen können. Auf Dauer wirst du so ein immer selbstbestimmteres und unabhängigeres Erwachsenenleben führen. Und das ist ziemlich cool!!

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Vergiss nicht: Leben darf leicht gehen und Spaß machen. Liebe auch!

Herzlichst,
Melanie

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